… im Paradies gehen zu Ende – unsere Ankunftsbucht wird unsere Abschiedsbucht. Jeder Abschied fällt schwer und so sitzen wir gerade im Cockpit unter leuchtendem Sternenhimmel, bei einer Flasche Rotwein im Schein unserer Petroleumlampe und erinnern uns an die letzten Wochen, die wie immer von Abwechslungen, mittleren technischen „Katastrophen“ und Erfolgen, netten neuen Bekanntschaften und einer neuen meteorologischen Dimension gekennzeichnet waren.
Angelockt durch einen Film auf ARTE über die „Aussteiger von Sarakiniko“ (Trauminsel Revisited – Sarakiniko alternatives Leben…) schaffen wir es tatsächlich sie auf der Insel Ithaka zu besuchen. Die Aussteiger kamen damals Ende der Siebziger Jahre, um ihren Traum vom alternativen Landleben zu verwirklichen. Damals war es dem Initiator Rolf Brunner gelungen, 200 Gleichgesinnte zu finden, die mit einer Einlage von jeweils 10.000 DM ein 450 ha großes Land mit über 800 Olivenbäumen kauften. Die ersten Jahre herrscht Euphorie und Optimismus. Man baut Häuser, Hütten und Baumhäuser und versucht das karge Land zu kultivieren. 200 Menschen mit eigenem Traum vom Paradies – nur leider sind diese 200 Träume sehr unterschiedlich. Heute verbringen hier noch ca. 75 Aussteiger den Sommer, aber nur etwa 20 von ihnen leben das ganze Jahr über auf Sarakiniko, leben vom Olivenanbau, produzieren Käse mit der Milch eigener Ziegen, malen oder stellen eigenen Schmuck her. Auf einem Fußmarsch unter heißer Mittagssonne mit ohrenbetäubendem Grillenkonzert auf verschiedenen kleinen Trampelpfaden begegnen wir nur einem Paar. Es herrscht eine gespenstige Stille und wir verlassen nach rund zwei Stunden leicht deprimiert das Gelände, auf dem man sehr bald spürt, dass hier ein großer Traum gescheitert ist.
Im Süden der Insel Zakynthos wurde 1999 ein im Mittelmeer einmaliges Meeresschutzgebiet für die vom Aussterben bedrohte unechte Karettschildkröte in der Bucht von Lagana eingerichtet, die dort an den Stränden ihre Eier ablegen. Diese Schildkröten werden erst nach 25-30 Jahren geschlechtsreif und vergraben dann rund 100 Eier in einem Gelege im warmen feinen Sand. Nach ca. 50 Tagen schlüpfen die Jungtiere aus den tischtennisgroßen Eiern und kriechen Richtung Meer. Nur ein bis zwei Schildkröten aus einem Gelege überleben und legen dort eines Tages an ihrem „Geburtsstrand“ ihre Eier ab. Wir ankern hier besonders vorsichtig in Schutzone „C“, vor dem kleinen Hafenstädtchen Keri, das offensichtlich gut vom Schildkrötentourismus leben kann. Unzählige Boote bringen die Touristenmassen an den Rand der Schutzgebiete. Wir hingegen nehmen unser Beiboot und fahren entlang der Schutzzone zu einer Insel, mit großen Höhlen, in denen Susanne beim Schnorcheln herrliche Bilder gelingen. Auf der abendlichen Heimfahrt taucht neben uns tatsächlich eine Schildkröte auf, die uns freundlicherweise genug Zeit für einen Schnappschuss gibt.
In dieser Bucht erreichen wir auch den südlichsten Punkt unserer Reise durch die Inselwelt der Ionischen See und segeln nach einem Zwischenstopp im Hafen von Zakynthos, den wir nach wochenlangem Ankern sehr genießen, wieder Richtung Norden.
In einer Taverne auf der Insel Kastos hören wir am Nachbartisch von Engländern erste Schilderungen von „very strong winds the next days“. Von Bier zu Bier steigen am Nachbartisch die Angaben zur Windstärke. Eine Analyse am nächsten Morgen unserer zur Verfügung stehenden Wetterberichte lässt auch uns Böses erahnen. Südöstlich von Sizilien entwickelt sich auf dem Meer ein riesiger Wirbel, der an den Beginn eines Hurrikans in der Karibik erinnert. Die Zugbahnprognosen lassen uns blass werden. Neben uns am Ankerplatz gehen die ersten Yachten hektisch ankerauf und segeln in die verschiedensten Richtungen davon. Wir haben mit den momentanen Informationen nur zwei Möglichkeiten. Hier müssen wir auf alle Fälle schnell weg. Gen Norden oder Süden zu entfliehen, wird zu einer heftig geführten Diskussion. Zu diesem Zeitpunkt kann noch keiner eine genauere Prognose der Zugbahn abgeben. Mittlerweile erreichen uns auch Meldungen aus Deutschland, die über die Entstehung eines Monstersturmes, eines „Medicanes“ mit dem schönen Namen „Sorbas“ berichten. Nord oder Süd – innerhalb einer Stunde fällt zum Glück einstimmig, aus einer Mischung von Bauchgefühl und vorliegenden Wetterberichten, die Entscheidung. Wir fahren unter Vollgas mit Maschine Richtung Norden und wollen so versuchen durch den Lefkaskanal noch rechtzeitig die große Bucht von Parga, in der wir ja schon einmal gelegen hatten, zu erreichen. Auf der Fahrt dorthin wird uns mit weiteren Wetterberichten schnell klar, unsere Entscheidung wird sich als richtig herausstellen. Mit fast 2000upm rückwärts graben wir den Anker tief in den Sandboden ein und warten. Wir können es nicht fassen, über uns und nahe unter uns stürmt es hefig, wir jedoch liegen friedlich an 60m Kette. Die Bilder im Fernsehen und Internet mit all ihren Zerstörungen zeugen von der brutalen Kraft des Medicane.
Die folgenden Tage bringen völlig unterschiedliche Wetterberichte, die häufig mit der Realität nichts zu tun haben. „Sorbas“ hat das Wettergeschehen zu sehr „durch-gewirbelt“. Schlagartig verschlechtert sich das Wetter, Gewitter, Sturm und Regen wechseln sich ab und in der Bucht vor Korfustadt hält sich Susanne bei hefigem Donner des Öfteren die Ohren zu. Bei zunehmender Blitzfrequenz verschwinden die Handys, Ipad und Laptops eilig in einer Blechkiste im Backofen (Erhitzen nein – möglicher Faraday’scher Käfig ja).
Nach drei gewittrigen Tagen am Anker vor Korfu (wenigstens können wir einen Tag lang weitere Teile der traumhaften Altstadt besichtigen) wollen wir die Überfahrt nach Italien vorbereiten.
Seit drei Tagen genießen wir nun unsere „Abschiedsbucht“ und dies, kaum zu glauben, bei herrlichem Wetter. Mit unserem TT SOLUNA erkunden wir ganz in der Nähe die malerische Zwillingsbucht „Port Timoni“ und sind nur noch begeistert.
Die Entscheidung zur Abfahrt fällt schwer und wir glauben langsam auch noch am morgigen Abend unter klarem Sternenhimmel, bei Petroleumlampe und einem Glas Rotwein von den vergangenen Wochen zu träumen…
Wir sind auch wieder auf Korfu angekommen. Liebe Grüße aus Gouvia, W & R
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Liebe Susanne, das waren wieder sehr schöne Beiträge und Fotos. Vielen Dank dafür, ich bin sehr froh, dass ihr durch den Sturm nicht zu Schaden gekommen seid. Bis bald deine Petra
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Dann wünschen wir gute Überfahrt! Und auch euch einen sonnigen Herbst, so wie in Österrich am Mondsee.
LG Sebastian
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Ihr Lieben,
Nah da habt ihr ja Aufregung gehabt wie andere sie nur in den Tropen zur falschen Jahreszeit am falschen Ort haben….
Was habt ihr jetzt vor? Hier in D werden nun die Boote an Land gebracht. WIR segeln noch bis Anfang November aber dann ist Schluss in Stralsund…
Liebe Grüße aus Berlin, meldet euch, wenn ihr mal in D seid…
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